Psychotherapie

Was sind psychische Störungen?

Psychische Störungen können sich sowohl in belastenden Gefühlen und Gedanken als auch in körperlichen Symptomen und Beeinträchtigungen im zwischenmenschlichen Bereich äußern. Wenn Sie beispielsweise über mehrere Wochen hinweg dauerhaft besorgt oder niedergeschlagen sind und / oder an körperlichen Beschwerden, wie z.B. Schmerzen leiden, für die Ärzte keine organische Ursache finden, ist eine psychische Störung denkbar.

Die Weltgesundheitsorganisation entwickelte eine internationale gültige Einteilung aller Krankheiten, die auch in Deutschland verbindlich ist. In dieser Internationalen Klassifikation (englisch: ICD) wird über das Vorliegen einer psychischen Störung anhand von Symptomen entschieden, unter denen ein Mensch aktuell leidet. Die Spanne der Klassifikation reicht dabei von einer leichten Depression bis hin zu einer schweren chronischen Psychose.

Bei fast jedem Menschen, finden sich, über die gesamte Lebensspanne hinweg, wohl irgendwann einmal ernst zu nehmende psychische Beschwerden. Bei den meisten Menschen treten psychische Störungen nur ein- oder zweimal im Leben auf. Nur ein kleinerer Teil ist öfter oder chronisch davon betroffen. Doch egal welche Symptomatik vorliegt, jeder Betroffene kann damit seine eigene Normalität entwickeln und bspw. lernen, mit Rückfällen umzugehen.

Anders als bei körperlichen Erkrankungen führt die Diagnose einer psychischen Störung auch heute noch bei vielen Betroffenen durch die Stigmatisierung, d.h. die negative gesellschaftliche Bewertung, zu Ängsten und Sorgen. Diese können sich mitunter gar negativ auf den Gesundungsprozess auswirken. Psychische Probleme sind keine Charakterschwäche und sollten niemandem zum Vorwurf gemacht werden.

Wann brauche ich eine Therapie?

Bei vielen Betroffenen zögert die Unsicherheit, ob eine Therapie erforderlich ist, die Suche nach professioneller Hilfe unnötig hinaus.

Sicher gehören zum Leben eines jeden Menschen unterschiedliche Krisen, deren Bewältigung hart und leidvoll ist. Symptome, die auch bei psychischen Störungen auftreten, können eine normale Reaktion auf eine verzweifelte Situation darstellen.

Sofern Sie allerdings Abweichungen in Dauer und Heftigkeit Ihrer Beschwerden bemerken, ohne sich diese erklären zu können, möchte ich Sie ermutigen, sich an einen Psychotherapeuten oder Ihren Hausarzt zu wenden. Holen Sie sich Unterstützung, wenn Sie Ihre alltäglichen Handlungen über mehrere Wochen hinweg nur noch mühevoll oder gar nicht mehr aufrechterhalten können.

Was ist Psychotherapie?

Ich verstehe Psychotherapie als konstruktiven Prozess auf Augenhöhe, durch welchen Menschen bei der Lösung ihrer Probleme unterstützt werden. Veränderungen werden dabei in partnerschaftlichen Zusammenwirken erzielt. Wesentlich ist die gemeinsame Suche nach dem besten Weg zu ihrem individuellen Ziel. Auf der Wanderung kann es zu Verirrungen, Rückschlägen, Durststrecken und Zweifeln kommen. Mitunter muss auch das Ziel an die Realität angepasst werden. Wenn beispielsweise Symptome nicht vollständig aufzulösen sind, ist es sinnvoll mit Ihnen leben zu lernen.

Psychotherapeuten arbeiten im Wesentlichen auf zwei Ebenen: zum einen mittels der therapeutischen Beziehung, zum anderen mittels praktischen Übungen, die Sie im Laufe der Therapie erlernen, sowie mittels Reflektionstechniken.

Die meisten psychischen Störungen sind über eine lange Zeitspanne hinweg entstanden. Die Dauer einer Psychotherapie kann je nach Symptomatik und Schweregrad sehr unterschiedlich sein. Manchmal bedarf sie einige Monate, manchmal aber auch mehrere Jahre.

Wie bei allen Behandlungen können auch in der Psychotherapie Nebenwirkungen auftreten. Nicht selten kommt es im Therapieverlauf zu einer vorübergehenden Verstärkung der Symptomatik oder zu einem Überforderungsgefühl. Sofern Sie sich in der therapeutischen Beziehung wohl fühlen, lassen sich diese Durststrecken in der Regel gut und gewinnbringend meistern.

Wie wirkt Psychotherapie?

Eine Psychotherapie muss hilfreich sein. Es ist nicht ausreichend, wenn sie nur “nicht schadet”. In der Wissenschaft ist man sich heute durch die Arbeit von Klaus Grawe weitestgehend über die Existenz von 5 Wirkfaktoren einig. Diese stellen unabhängig vom spezifischen Verfahren notwendige Voraussetzungen für das Gelingen einer Psychotherapie dar.

Beziehung: Echtheit, Empathie, Wertschätzung

„Ich hatte das Gefühl, mich meinen Therapeuten gegenüber mit all meinen Facetten zeigen zu können, ohne verurteilt zu werden. Ich habe mich an jeder Stelle von ihm ernst genommen gefühlt.“

Eine positive Beziehung zum Psychotherapeuten stellt das Rückgrat jeder erfolgreichen Therapie dar und schafft ein starkes Arbeitsbündnis. Verständnis und Wertschätzung von Seiten des Therapeuten sind hierbei wichtige Stichworte. Therapeutische Hilfsangebote sollten das Wissen des Betroffenen um sich selbst respektieren.

Ressourcen: Wiederentdeckung und Nutzung der eigenen Fähigkeiten

„Ich glaube heute stärker daran, dass doch einiges an mir und meinen Leben ganz ok ist!“

Im Veränderungsprozess spielen Ihre bestehenden Fähigkeiten und Stärken eine bedeutende Rolle. Es ist wichtig, herauszufinden, auf welche Ressourcen Sie zurückgreifen können.

Gefühle: Ganzheitliches Erleben von Problemen und Zielen

„Obwohl es mir unangenehm war, ist es doch gut, dass Sie im Paargespräch auch mal gesehen haben, in welche starken Gefühle, die mich richtig kopflos machen, ich da rutsche!“

Um das Problem besser zu erkennen und Sie bei dessen Bewältigung möglichst gut unterstützen zu können, sollten Sie ihr Problem ebenso wie dessen Bewältigung möglichst auf allen Ebenen erfahren (gefühlsmäßige Beteiligung), statt lediglich theoretisch darüber zu sprechen. Hierzu ist es mitunter auch sinnvoll, Auslösesituationen außerhalb der Praxis aufzusuchen, den Körper, Bezugspersonen oder Beobachtungen innerhalb der therapeutischen Beziehung in die Therapie einzubeziehen.

Entwicklung: Unterstützung bei der Problembewältigung

„Es fiel mir schwer überhaupt anzuerkennen, dass ich Situationen, die mir Angst machten, zwischen den Sitzungen bewältigt habe. In der Therapie haben wir das dann zusammengetragen und es war mehr als ich dachte. Anschließend haben wir besprochen, was bis zum nächsten Termin ansteht.“

Hierbei geht es um die gemeinsame Entwicklung von Maßnahmen zur Problembewältigung. Niemand kennt Sie besser als Sie selbst. Der Wunsch nach therapeutischen Ratschlägen oder Rezepten ist nachvollziehbar, doch sehr viel weniger erfolgsversprechend als wenn Sie an dieser Stelle selbst aktiv werden, Ideen einbringen oder entsprechende Situationen aufsuchen und sich ausprobieren.

Klärung: Sich selbst besser verstehen

„Schon als ich klein war, hat es sich so angefühlt als hätte ich die Zuneigung anderer nicht verdient. Damals konnte ich noch nicht verstehen, dass es hierfür komplett andere Gründe gab. Manchmal muss ich mir das auch heute noch klar machen.“

Hier geht es nicht wie manchmal fälschlicherweise angenommen darum, Schuldige für die aktuelle Problematik zu finden. Es geht vielmehr um Selbstreflexion, die es ermöglicht die eigenen Leitsätze neu zu organisieren. Es werden Zusammenhänge zwischen der eigenen Kindheitsgeschichte, belastenden und zentralen Lebensereignisse, der Familiengeschichte und der aktuellen Situation im Hier und Jetzt hergestellt.