Angst und Panik
Wenn Angst zum Problem wird
Wer kennt das Gefühl nicht? Zitternde Knie, Herzrasen und Gedanken wie: „Nichts wie weg hier!“ oder „Hier stimmt doch etwas nicht!“.
Angst ist ein wichtiges Gefühl und schützt uns vor Gefahren. Die Not ist dann groß, wenn sich die Angst verselbstständigt und,
im wahrsten Sinn des Wortes, zum Gefängnis wird. Oft vergeht viel Zeit bis Betroffene den Weg in die Therapie finden – bedauerlicherweise,
denn die Ängste lassen sich meist gut behandeln.
Der folgende Überblick bzgl. Formen von Angststörungen und Behandlungsmöglichkeiten soll Orientierung geben und Betroffenen bestenfalls
den Weg in die Therapie erleichtern.
Was sind Angststörungen?
Panikattacken sind plötzlich auftretende starke Angstzustände bei fehlender realer Bedrohung, die sich vordergründig in körperlichen Symptomen (Herzrasen, Atemnot, Entfremdungsgefühle, Schwindel) äußern.
Betroffene nehmen die Symptome häufig als Anzeichen einer schweren Erkrankung wahr. Sie entwickeln z.B. Ängste, an einem Herzinfarkt zu versterben
oder „wahnsinnig“ zu werden. So entsteht eine „Angst vor der Angst“ – also ein anhaltendes Gefühl von Besorgnis und Angst.
Kommt es innerhalb eines Monats zu mehreren Panikattacken, sind die Kriterien einer „Panikstörung“ erfüllt.
Treten die Panikattacken stets an bestimmten Orten auf, wird von Platzangst gesprochen. Diese kann wie in der Alltagssprache verstanden, enge,
geschlossene Räume umfassen, aber auch Kaufhäuser, Menschenmengen, weite Plätze oder öffentliche Verkehrsmittel. Gemeinsam ist den Situationen,
dass es nicht ohne weiteres möglich ist, sie zu verlassen oder aus Ihnen zu fliehen.
Treten Panikattacken in zwischenmenschlichen Situationen, wie z. B. beim Essen im Restaurant oder beim Sprechen vor Anderen auf,
ist von sozialer Phobie die Rede. Hier gibt es eine große Spannbreite gefürchteter Situationen, von Prüfungen bis hin zu alltäglichen
zwischenmenschlichen Kontakten. Häufig sprechen Betroffene von der Befürchtung, von anderen negativ bewertet zu werden.
Diese Angst führt zu einem veränderten Verhalten, wie der Vermeidung von Blickkontakt, was sich wiederum auf die Reaktion des Gegenübers auswirkt.
Betroffene sehen diesen Zusammenhang oft nicht. Stattdessen stärkt die vermeintliche Abwendung des Gegenübers die Überzeugung von diesen
abgelehnt zu werden.
Was sind Ursachen von Angststörungen?
Angststörungen treten häufig erstmals während belastender Lebensphasen auf. In diesen Zeiten werden wir nicht selten mit allzu menschlichen
Grundängsten konfrontiert. Zum Beispiel lassen Konflikte oder Trennungen in uns die Angst vor Isolation und Einsamkeit wachsen. Lebensverändernde
Ereignisse, wie der Verlust von Bezugspersonen oder neue Rollenanforderungen (Renteneintritt, Elternschaft, Arbeitsplatzwechsel) können Ängste vor
dem Wagnis des Neuen mit sich bringen.
Auch die biografischen Erfahrungen machen Menschen mehr oder weniger anfällig, eine Angsterkrankung zu entwickeln. So ist es zum Beispiel von Relevanz, ob wir unsere Bezugspersonen tendenziell eher besorgt oder vertrauensvoll erlebt haben. Haben diese wahrgenommen, wenn wir Angst hatten und konnten uns beruhigen bzw. uns gute Strategien vermitteln, damit wir selbst wieder zur Ruhe kommen? In der Generation unserer Eltern und Großeltern hinterließen die Erfahrungen des zweiten Weltkrieges bzw. das Aufwachsen mit traumatisierten Eltern oft tiefe Spuren. Kinder brauchen allerdings feinfühlige und verfügbare Erwachsene, die in der Lage sind die Grundbedürfnisse ausreichend zu befriedigen (hier sei auf die weiterführende Ausführungen unter Psychotherapie bei Depression verwiesen).
Worum geht es in der Psychotherapie?
Oft ist es daher Teil der Therapie, den Teufelskreis zu durchbrechen und sich schrittweise angstauslösenden Situationen zu stellen.
In Begleitung bzw. unter Anleitung wird es möglich, Überzeugungen zu überprüfen und neue aufzubauen, die weniger stark mit Ängsten verbunden sind.
Da wir bei Angst instinktiv mit Flucht reagieren, sind bei Angststörungen häufig gelernte Teufelskreise, die zum Aufrechterhalten der Angst führen,
ein Problem. Die Angst vor Situationen oder Körpersymptomen führt dazu, dass wir nicht mehr U-Bahn fahren, die Beförderung im Job nicht annehmen,
weil die neue Stelle mit öffentlichen Auftritten verbunden ist, oder nicht mehr Joggen gehen, da das Herzklopfen Panik auslösen könnte.
Das führt kurzfristig zu einer Entlastung, auf Dauer aber möglicherweise zu zunehmenden Einschränkungen.
So wird nach und nach jede körperliche Belastung vermieden oder bei schweren Verläufen, die Wohnung nicht mehr alleine verlassen.
Das Wissen um biographische Zusammenhänge und auslösende Umstände führt oft zu einem tieferen Verständnis der eigenen Problematik.
Den Betroffenen steht die Angst meist dabei im Weg, ihre eigenen Grundebfürfnisse nach Bindung, Selbstbestimmung, Selbstwert und lustvollen Erfahrungen ausreichend
im Heute zu befriedigen. Daher kommt es nicht selten begleitend zu einer depressiven Erkrankung.
Je nach Ausprägung und Schwergrad der Ängste kann die Therapie
neben der Konfrontation mit der gefürchteten Thematik, folgende Aspekte beinhalten: Förderung sozialer Kompetenzen, Verbesserung der Emotionsregulation und Entspannungsfähigkeit, Korrigieren hinderlichener Glaubenssätze, Körper- und Wertearbeit sowie Aufbau von Selbstmitgefühl.
Bei der Therapie von Angsterkrankungen im Kindes- und Jugendalter ist es daher sinnvoll, neben der Arbeit mit dem Kind, Bezugspersonen mit einzubeziehen und diese zu unterstützen, möglichst passend auf die jeweiligen Ängste ihres Kindes zu reagieren.