Depression

Der schwarze Hund…

so beschreibt der Autor Matthew Johnstone in seinem Buch “Mein schwarzer Hund: Wie ich meine Depression an die Leine legte” seine Erkrankung. Der schwarze Hund verfolgt Johnstone, lässt ihn sich “leer fühlen”, er “kommt aus heiterem Himmel” und “verdirbt den Appetit”. Er reduziert den Antrieb, das Selbstwertgefühl und die Konzentration. Er macht Angst vor Stigmatisierung, reizbar und raubt durch Grübeln den Schlaf.

Damit wird deutlich, dass eine Depression eine behandlungsbedürftige Erkranung darstellt und keine Charakterschwäche oder vorübergehendes Stimmungstief.

Was ist eine Depression?

Die Symptome einer Depression werden in Haupt- und Nebensymptome unterteilt:

Hauptsymptome
Nebensymptome
Gedrückte Stimmung, Niedergeschlagenheit Schlafstörungen
Interessens- und Freudlosigkeit Verminderter Appetit
Antriebsmangel bzw. erhöhte Ermüdbarkeit Hoffnungslosigkeit, Zukunftssorgen
Suizidgedanken/-handlungen
Vermindertes Selbstwertgefühl
Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
Verminderte Konzentration

Liegen über zwei Wochen oder länger mindestens zwei Hauptsymptome und zusätzlich mindestens zwei Nebensymptome vor, ist die Diagnose einer Depression gerechtfertigt. In Form und Schwere hat die Depression also viele Gesichter und unterscheidet sich zwischen Betroffenen, da nicht immer alle Symptome vorliegen. Je nach Anzahl der vorhandenen Symptome wird zwischen leichter, mittelgradiger und schwerer Depression unterschieden.

Auch im Verlauf gibt es verschiedene Formen. Die meisten Betroffenen leiden unter einer unipolaren Depression mit einer oder mehreren depressiven Episoden. Bei wiederkehrenden Phasen spricht man von rezidivierender depressiver Störung. Eine Episode kann zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten andauern. Dazwischen ist die Person vollständig gesund.

Häufig, aber nicht immer, finden sich für depressive Episoden Auslöser, wie markante Lebensveränderungen, Verlusterlebnisse oder Belastungssituationen. Entspricht das Ausmaß und die Schwere der depressiven Symptomatik nicht den oben genannten Kriterien, spricht man von Anpassungsstörung, bei der oft auch Ängste und Sorgen auftreten. Auch ihn diesem Fall wird eine vorübergehende psychotherapeutische Behandlung empfohlen.

Bei der dysthymen Störung sind ebenfalls die Kriterien der Depression nicht vollständig erfüllt, wobei hier der Zusammenhang mit psychosozialen Belastungsfaktoren weniger deutlich ist als bei der Anpassungsstörung. Die depressive Verstimmung muss für die Diagnosestellung zudem durchgängig über einen langen Zeitraum von mindestend zwei Jahren vorliegen.

Deutlich seltener treten bipolare Störungen auf. Hier leiden Betroffene abwechselnd zwischen depressiven und manischen Episoden. Letztere zeichnen sich durch übersteigerten Tatendrang, Optimismus und Ruhelosigkeit bis hin zu Größenideen aus. Bei dieser Form ist eine medikamentöse Behandlung von besonderer Bedeutung.

Worum geht es in der Psychotherapie?

Studien weisen darauf hin, dass folgende Faktoren das Risiko an einer Depression zu erkranken erhöhen: erlebte Missbrauchserfahrung oder Traumatisierung, emotionale Vernachlässigung in der Kindheit oder das Aufwachsen mit einem psychisch erkrankten Elternteil. Doch auch generell scheinen Personen, die in ihrer Entwicklung keine ausreichende Befriedigung wichtiger Grundbedürfnisse erfahren haben, anfälliger für eine psychische Erkrankung zu sein. Prof. Grawe hat mittels wissenschaftlicher Studien folgende vier Grundbedürfnisse benannt:

  • Das Bedürfnis nach Nähe zu einer Bezugsperson (Bindung)
  • Das Bedürnfis nach Kontrolle und Selbstbestimmung (Kontrolle)
  • Das Bedürfnis sich selbst als kompetent, liebenswert und wertvoll zu erleben (Selbstwert)
  • Das Bedürfnis nach möglichst vielen erfreulichen und lustvollen sowie möglichst wenigen schmerzhaften und unangenehmen Erfahrungen (Lust/Unlust)

Werden diese Grundbedürfnisse ausreichend befriedigt, fällt es uns später leichter, gut für uns zu sorgen, auch in unseren Beziehungen zu Mitmenschen. Gab es jedoch überwiegend negative oder gar schädigende Interaktionen, entwickeln wir eine negative innere Erwartungshaltung, die uns daran hindert, als Erwachsene adäquat für unsere Grundbedürfnisse zu sorgen. So lebt eine Person zum Beispiel sehr isoliert, da sie davon ausgeht, in Beziehungen ohnehin verletzt zu werden.

Aus diesen Modell ergeben sich verschiedene Ansätze für die Psychotherapie, wie beispielsweise:

  • Reaktivieren oder Etablieren von sozialen Kontakten und Förderung von sozialer Kompetenz
  • Zielklärung, Wertearbeit, Etablierung von Strategien zur Regulation von Emotionen (Achtsamkeit, Einbezug des Körpers, Skills zur Stressregulation)
  • Klärung von unerfüllten Grundbedürfnissen, Identifikation und Hinterfragen von gelernten hinderlichen Grundannahmen (z.B. “ich genüge nicht.”) auch in der therapeutischen Beziehung, Förderung von Selbstmitgefühl, “Überschreiben” belastender Erinnerungen in der Imagination
  • Aufbau von positiven Aktivitäten, Einüben von Entspannungsstrategien

Die Ansätze sind nicht zu verstehen als voneinander getrennt und unabhängig. Sie ergeben sich zumeist im therapeutischen Prozess in der bewussten Auseinandersetzung mit aktuellen Alltagserfahrungen.

Bei manchen Betroffenen, wie auch bei Johnstone, bleibt der schwarze Hund immer Teil des Lebens. Doch kann Psychotherapie individuelle Wege eröffnen, sodass man schließlich auch “den schlimmsten schwarzen Hund an die Leine legen kann.”